Die Absicherung der Arbeitskraft ist die wichtigste Versicherung für alle Berufstätige. Die Stiftung Finanztest hat das recht schön ausgedrückt: Eine Berufsunfähigkeitsversicherung braucht jeder, „der nicht von seinen Rücklagen leben kann“. Und das trifft, sind wir ehrlich, auf 95% aller Deutschen im erwerbsfähigen Alter zu. Wer seinen Lebensstandard auch im Fall einer Berufsunfähigkeit halten will, muss privat vorsorgen. Im Übrigen wird jeder 4. Deutsche im Laufe seines Erwerbslebens berufsunfähig. Zumindest zeitweise, und das reicht oft schon aus um in eine finanzielle Schieflage zu geraten. Oder könnten Sie ohne weiteres für 3-4 Jahre mit 500 € mtl. auskommen und den Rest ohne Probleme aus Rücklagen bestreiten?
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu haben ist aber nur der erste Schritt. Wichtig ist eine Versicherung, die Ihr persönliches Risiko exakt und richtig abdeckt. Dafür müssen Sie Ihre Versorgungslücke kennen und dafür sorgen, dass der Vertrag an geänderte Lebensumstände angepasst wird.
Haben Sie eine falsche Absicherung, droht im Versicherungsfall das böse Erwachen. Schlimmstenfalls bezahlen Sie vielleicht sogar für einen Vertrag, der Ihnen keinen Schutz bietet.
Das können Sie falsch machen:
1. Versorgungslücke falsch eingeschätzt
Sie müssen Ihre aktuelle Versorgungslücke kennen. Erst dann wissen Sie, was Sie absichern müssen. Dafür müssen Sie die Höhe Ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente kennen. Das können Sie selbst ausrechnen. Sie beträgt ca.34% Ihres Bruttogehalts bei voller Erwerbsunfähigkeit und ca.17% wenn Sie nur zur Hälfte erwerbsunfähig sind. Die Differenz zwischen dieser gesetzlichen Rente und Ihren aktuellen Nettogehalt ist theoretisch Ihre Versorgungslücke.
In der Praxis sollten Sie aber auch berücksichtigen, dass Ihre zukünftige Altersrente sehr wahrscheinlich niedriger ausfallen wird. Deswegen darf die private BU-Rente nicht zu niedrig angesetzt sein. Sie müssen davon ja auch noch mehr für die private Rente tun.
Dazu kommt noch ein anderer Faktor. Theoretisch sollten Sie auch schon von der halben Erwerbsminderungsrente plus Ihrer privaten Vorsorge leben können. Eine volle Erwerbsunfähigkeit wird nicht in allen Fällen anerkannt. Darauf haben Sie nur Anspruch, wenn Sie nicht in der Lage sind, weniger als drei Stunden am Tag irgendeine Tätigkeit am Arbeitsmarkt auszuüben. Es kommt nicht darauf an, welchen Beruf Sie vorher ausgeübt haben. Es genügt, dass dieser Job theoretisch existiert. Ob Sie ihn auch tatsächlich bekommen, ist egal.
2. Berufsbezeichnung beinhaltet nicht die tatsächliche Tätigkeit
Ihre aktuelle Tätigkeit muss genau beschrieben sein. Das bedeutet, dass die Berufsbezeichnung mit den Vorstellungen der Versicherer übereinstimmen muss. Z.B. berücksichtigt die Berufsbezeichnung „Geschäftsführer“ nicht unbedingt Akquisefahrten zu Kunden. Es empfiehlt sich daher in den meisten Fällen, dem Antrag eine ausführliche Tätigkeitsbeschreibung beizufügen. Hier sollte der reguläre Arbeitsablauf von ca. 4 Wochen beschrieben werden. Dann gibt es im Leistungsfall kein böses Erwachen.
3. Widerspruch zwischen Gesundheitsfragen und Krankenakte
Die Angaben in den Gesundheitsfragen des Antrags und der bei Ihren Ärzten geführten Krankenakte muss exakt übereinstimmen. Ist dies nicht der Fall, ermöglicht das dem Versicherer, im Leistungsfall nicht zu zahlen. Ihnen wird eine sogenannte vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung unterstellt. Da man Ihnen dazu auch noch vorsätzliches Handeln unterstellt, braucht Ihnen die Versicherungsgesellschaft noch nicht einmal die gezahlten Beiträge zurück zu erstatten. Im schlimmsten Fall haben Sie also jahrelang völlig umsonst Beiträge gezahlt.
Die wenigsten Versicherten beantworten Gesundheitsfragen vorsätzlich falsch. Das Problem ist, dass kaum ein Patient weiß, was eigentlich in seiner Krankenakte steht. Die Diagnose des Arztes und die Wahrnehmung des Patienten stimmen einfach nicht überein.
Um einen Leistungsausschluss zu verhindern, müssen eventuelle Widersprüche oder Unklarheiten deshalb unbedingt schon vor einem Versicherungs-/ Leistungsfall geklärt werden. Wir haben uns deshalb angewöhnt, alle behandelten Ärzte im Auftrag unserer Mandanten um einen Auszug aus der Krankenakte zu bitten. So bekommen wir Auskunft über alle Diagnosen der letzten 5 Jahre ambulant und der letzten 10 Jahre bei stationären Aufenthalten.
Das hat Ihnen wahrscheinlich noch niemand gesagt. Ihnen bleibt aber gar keine andere Möglichkeit. Im Versicherungsfall wird sich die Versicherungsgesellschaft immer die Krankenakte von allen behandelnden Ärzten besorgen. Ergibt sich daraus die Chance, die Leistung zu verweigern, wird man auf Ihre Situation keine Rücksicht nehmen.
4. Geänderte Lebensumstände nicht berücksichtigt
Es reicht nicht, eine BU abzuschließen und sich dann nicht mehr darum zu kümmern. Sie müssen den Vertrag immer wieder an Ihre aktuellen Lebensumstände anpassen. Haben Sie eine Gehaltserhöhung bekommen? Gab es Familienzuwachs? Dann wird sich auch der Betrag ändern, den Sie monatlich zum Leben brauchen. Hat sich Ihre BU seit dem Sie Mitte 20 und Single waren, nicht Ihrem Leben angepasst, haben Sie im Leistungsfall eine ungeplante Versorgungslücke.
5. Keine Leistungsdynamik vereinbart
Sie brauchen einen Vertrag, der die BU-Rente auch nach einem Leistungsfall garantiert dynamisch erhöht. Ein „Vielleicht“ bei guten Geschäftszahlen des Versicherers reicht schon lange nicht mehr aus.
Leider wird dieser Punkt beim Abschluss einer BU fast immer vergessen. Eine Leistungsdynamik vor Eintritt des Versicherungsfalls wird häufig vereinbart. An eine garantierte Leistungsdynamik für die BU-Rente denken die wenigsten. Aber nur so können Sie verhindern, durch Inflation zum Sozialfall zu werden.
Wieso ist das so wichtig?
Bsp: Der BU-Fall tritt bei einem 35jährigen ein. Er erhält am Anfang eine BU-Rente von 2.000 €. Die Berufsunfähigkeits-Rente wird bis zum offiziellen Rentenalter ausgezahlt. Das sind in unserem Beispiel (aktuell) noch 32 Jahre. Inflation und der dadurch entstehende Kaufkraftverlust werden die Rente über diesen langen Zeitraum Stück für Stück auffressen. Schon bei einer angenommenen jährlichen Inflation von nur 2% bedeutet das nach 10 Jahren nur noch eine reale Kaufkraft von 1.640€, nach 20 Jahren Betrag 1.345€ und nach 30 Jahren Betrag 1.104€. Nur wenn dieser Verlust durch eine garantierte Leistungsdynamik abgefangen wird, besteht eine echte Absicherung der Arbeitskraft.
Ansonsten sind Sie trotz Absicherung irgendwann ein Sozialfall.
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